Text: Hans Solo, 2004
Musik: Hans Solo & Ponchman
Youtuberelease 2014
Von kommenden Solo Album
Es ist Freitagmorgen, wahrscheinlich der 13., ich steh auf, will in’s Bad, und warte.
Bis meine Frau endlich fertig ist mit duschen, schminken und frisieren,
und warte.
Auf heißes Wasser, denn die alte Zentralheizung im Haus verfügt nur über einen 100 Liter Boiler und der ist leer wenn fünf Leute im Haus geduscht haben.
Also warten.
Doch dann ist es soweit, ich dusche, versuche mich abzutrocknen,
und warte.
Denn meine Frau hat die Handtücher in den Trockner getan und die anderen liegen im Schlafzimmerschrank und bevor ich die nun ganze Bude volltropfe warte ich lieber bis ich von alleine an der Luft getrocknet bin.
Dann anzieh’n, ab in die Küche.
Und warten.
Bis Toaster und Kaffeemaschine ihr Werk verrichtet haben, dann Frühstücken, Jacke an, in den Flur unserer Wohnung im neunzehnten Stockwerk.
Und warten.
Auf den Aufzug, denn von den beiden ist immer mindestens einer defekt,
heute beide, also 22 Stockwerke Treppe bis in die Tiefgarage
und warten.
Bis mein alter Diesel mit dem Vorglühen fertig ist, (die sogenannte Dieselgedenkminute), dann starten, fahren bis zum Rolltor
und warten.
Bis das Scheißding aus den 70ern endlich oben ist, dann Fahrt bis zur nächsten Ampel und warten.
Bei grün dann weiter bis zum Arbeitsamt, habe Termin aber trotzdem warten.
In der Schlange vor der Arbeitsamtparkplatzschranke, bis diese endlich Durchlass gewährt, rein in’s Amt
und warten.
Bis die Trulla an der Anmeldung mich trotz Termin in den Wartebereich schickt und auch hier: Warten.
Bis der unfreundliche „Wichser“ (Beep) von Sachbearbeiter endlich Zeit für eine Audienz hat, für einen Stempel und ne Unterschrift, was dann aber nur 10 Sekunden dauert, trotz drei Stunden warten.
Egal, raus aus dem Fuckladen, zum Parkscheinautomaten, denn warum sollte Parken beim Arbeitsamt auch kostenlos sein,
und warten.
In der Schlange vor dem Automaten, denn der Wechselgeldschacht ist natürlich alle, da Arbeitslose ja grundsätzlich nur mit großen Scheinen zahlen und deshalb täglich ab 9 Uhr 30 alle passend zahlen müssen. Also: Warten.
Daher erst mal Wechselgeldmassaker untereinander, endlich geschafft, Parkplatz, Schranke, Ticket und warten.
Bis zur nächsten Ampel und warten, nächste Ampel und warten
und warten, Ampel und warten, nächste Ampel und:
Ich glaub die Platte hängt. Auch falsch, die Städteplaner haben nur die Rotphase eingeführt, denn je länger die Motoren laufen, desto lauter klingelt die Mineralölsteuerkasse.
Aber jetzt rechts auf die Autobahn, nach Porz Wahn, ein Kilometer gefahr’n, Baustelle, Stau
und warten.
Dann Stau vorbei, Straße frei, runter von der „Stautobahn“, einkaufen bei Real, Parkplatzschranke, gleiche Prozedur wie beim „Arschlochamt“ und warten.
Rein in den Laden und nach diversen Wartevorgängen an diversen Fleisch- und Käsetheken einpacken, auf zur Kasse
und warten.
Denn von 14 Kassen sind nur zwei besetzt, weshalb anstatt vor 14 Kassen jeweils 2, vor zwei Kassen jeweils 14 Leute warten.
Inklusive mir.
Umgekehrt proportional sozusagen und nach weiterem vier mal warten
(ham se ne Paybackkarte, ach sie zahlen mit EC Karte, warum tut’s denn der verdammte Scanner nicht: Frau Meier! Storno!)
Und warten.
Danach raus aus dem Laden, Ticket und warten, Schranke und warten, runter vom Parkplatz, dann wieder Ampeln und warten.
Jetzt noch schnell zur Post, aber da!
Warten.
Denn in unserer globalen 24 Stunden Gesellschaft ist die Post eines der wenigen Unternehmen, das sich noch den Luxus einer zweistündigen Mittagspause leistet.
Na ja, dafür hat sie aber bis fünf Uhr geöffnet, die liebe Post, welche übrigens bei mir von einem Reisebüro nebenbei betrieben wird.
Gibt’s aber auch als Baumarktvariante gleich hinter Farben und Lacken.
Aber dann, 15 Uhr, die Tür geht auf, zum Schalter vor um zwei Briefe frankieren zu lassen, denn die müssen gewogen werden, da die Post mir allzu oft schon die Briefe nachportopflichtig nach Hause geschickt hat, da diese sage und schreibe ein Gramm über dem zulässigen Bruttogewicht nach dem Postbeförderungsgesetz gelegen haben.
Der Aufwand, egal ob man diesen zu Adressaten oder zum Absender zurück befördert ist zwar identisch, aber Ordnung muß sein und Gesetz ist Gesetz.
In dem Zusammenhang würde mich interessieren, was so eine Briefmarke wiegt und ob es sich dabei um ein im Bruttogewicht des deutschen Postbeförderungsgesetzes berücksichtigtes Objekt handelt.
Egal. Denn ich formte diesen Gedanken um die Wartezeit am Postschalter zu überbrücken, da erstens auch hier wieder nur ein Schalter von dreien mit Personal besetzt ist und zweitens vor mir in der Schlange natürlich wie immer eine ältere Dame Postgirovorgänge zu erledigen hat.
Damit ist nicht nur sie, sondern auch das zwar eingebildete aber leider auch unausgebildete Personal völlig überfordert,
also warten.
Ich habe das schon sehr oft beobachtet und muß sagen, wer seine Geschäfte mit einem Konto bei der Post tätigen will, sollte viel Zeit haben, also entweder arbeitslos oder Rentner sein.
Deshalb kann man in deutschen Postfilialen ja inzwischen neben Schreibwaren und Geschenkartikeln auch kleine Snacks und Getränke kaufen, damit man bei der ewigen Warterei in der Post wenigsten nicht verhungert oder verdurstet.
Beziehungsweise, man hat die Post gleich in den Tante Emma Laden oder ähnliches umverlagert.
Schön, wie in den 50gern.
Nach dieser kurzen Exkursion in’s Mittelalter deutschen Unternehmertums also zurück auf die Straße, Ampeln und warten, Autobahn und warten, Tiefgarage und warten, Aufzug und warten.
Endlich daheim, Flimmerkiste an und warten.
Bis die Werbeunterbrechung vorbei ist, dann Comedyberieselung.
Wobei ich immer öfter den Eindruck habe, das nicht die Sendungen durch kurze Werbeblöcke, sondern vielmehr die Werbung durch kurze Sendebeiträge unterbrochen wird.
Wie dem auch sei, kurz wegen Job bei der Persona Arbeitsvermittlung anrufen, doch auch hier:
Warten.
Bis entweder die grässliche Musik in der Warteschleife wieder von vorn anfängt, oder wahlweise das Spracherkennungsprogramm des zwar hypermodernen aber noch völlig unausgereiftem sprach- oder tonwahlbeeinflußten Menüs kapiert hat, was ich will.
Ist wahrscheinlich auch von Microsoft.
Auf jeden Fall warten.
Bis ich zu einem freien Mitarbeiter durchgestellt werde, der dann jedoch auch wieder keine Ahnung von nix hat, deshalb wieder Warteschleife, Musik und warten.
Schön, so viel Service für nur 48 Cent die Minute.
Ich hüpfe vor Freude auf einem Bein durch unser 36 qm Einzimmersozialbauarpartement und warte.
Doch dann, ein Mensch mit der nötigen Kompetenz am anderen Ende der Leitung (diesen Tag rot im Kalender markieren),
Sachverhalt geklärt nach 10 Sekunden reden und 5 Minuten warten.
Dann umzieh’n und nach 50 weiteren Warteschleifen (Aufzug, Garage, Ampel etc)
etwas essen bei Mc Doof und warten.
Auch hier stelle ich fest, das aufgrund einer semantischen Fehleinschätzung eine Erwartungshaltung generiert wurde, welche in einem Anachronismus mündet, das mit „Fast“, „Schnell“ gemeint sei.
Beim Verzehr kam ich jedoch schnell zu dem Schluß, das damit „Fast Food“, also „Fast wäre es Essen geworden“ gemeint sein muß.
Eine falsche Betonung und schon ist der ganze Sinn dahin.
Modern ist halt eben nicht modern.
Also raus dem Laden, mit diversen Wartezyklen zur Disse und dort auch: warten.
Denn der Türsteher ist ein krimineller Anabolikajunkie mit Glatze und ohne Hirn und lässt nur Leute rein, welche niveaumäßig unter ihm stehen.
Doch ich mach einfach einen auf doof, erlange Einlaß, geh zur Theke und warte.
Bis ich am personalmäßig natürlich völlig unterbesetzten Tresen die Ehre erwiesen bekomme etwas bestellen zu dürfen
und warte.
Das die Person welche jedes Bier einzeln zapft, da auch sie ungelernte und wahrscheinlich schlecht bezahlte Kraft ist, es endlich geregelt bekommt.
So haben aber wenigsten alle was davon, denn im Kollektiv wartet es sich wesentlich angenehmer und außerdem knüpft man an der Theke bekanntlich die besten Kontakte.
Ich nutze die Gelegenheit für eine Retourkutsche meinerseits und fange erst dann an mein Portemonaie zu suchen, als man mir die Gerstenkaltschale auf dem Tresen präsentiert und flankiere die offensichtlich für die Dame unangenehme Wartezeit mit einem netten philosphischen Monolog darüber, ob die goldenen Farbe des Bieres bei einem Preis von 5 Euro für 0,3 Liter wohl von echtem Goldstaub herrühre.
Aus purer Boshaftigkeit versuche ich mein Getränk mit einen 500 Euro Schein zu bezahlen.
She is not amused und der Typ neben mir, welcher sich niveaumäßig tatsächlich unter dem des Türstehers befindet, denn er hat sich im Gegensatz zu mir am Eingang nicht verstellt, ebenfalls nicht.
Er sagt: “Ey warte mal!“ Ich sage:“ Das mache ich doch schon den ganzen Tag.“
Er so: “Willste mich flachsen?“ Ich so: „Nö, aber du kannst gern eins in die Fresse haben wenn du magst.“
Was dann auch geschieht bis der ganze Saal sich kloppt, worauf ich mein Handy zücke um die Ordnungshüter in grün auf den Plan zu rufen, da die ganze Situation zu eskalieren droht.
Doch leider kein Netz und deshalb: warten.
Nachdem jemand, der offensichtlich nicht bei Base ist, es geschaftt hat, Kontakt herzustellen: Erstmal warten.
Denn die Polizei wartet bei Randale auch gern immer ein wenig bis sie ausrücken, denn es ist besser zu warten bis die Situation sich beruhigt hat, bzw. bis die die Hälfte der Beteiligten krankenhausreif am Boden liegt.
Was bei der schlechten Bezahlung von Ordnungshütern ja aber auch in gewisser Weise zu nachvollziehbar ist. Deshalb wieder einmal warten.
Doch dann eine Stampede einer ganzen Herde, in Klammern (so lautet die wissenschaftlich korrekte Bezeichnung bei Rindern) welche die meisten der offensichtlich stark alkoholisierten Beteiligten mit der Bahn nach Hause schickt.
Diese warten dann.
Auf die Bahn, denn Fahrpläne sind wie Lottozahlen.
Man weiß nie was kommt.
Außerdem stehen auch hier Ticketautomaten.
Wahrscheinlich kommen die Züge deshalb immer zu spät, weil die Bahn weiß, das der Erwerb eines Fahrscheins an einem dieser besagten Automaten eine halbe Ewigkeit dauert, wenn es denn überhaupt gelingt.
Die völlig außer Kontrolle geratenen werden gleich in diverse Zellen verfrachtet und warten dann da.
Bitte ein Einzelzimmer mit Fenster zum Hof.
Für den verletzten Rest wird dann eine Armada Krankenwagen bestellt und auch mich befördert man mit einem derartigen Vehikel in die Ambulanz das nächsten Krankenhauses.
Dort setzt man mich dann trotz stark blutender Kopfwunde in den Wartebereich und ich mache das, was ich schon den ganzen Tag exzessiv betrieben habe. Warten.
Denn es ist erstens Wochenende, zweitens mitten in der Nacht und drittens kann ich die 10 Euro Praxisgebühr nicht bezahlen, denn ich habe immer noch nur den 500 Euro Schein in der Tasche und den kann man auch hier nicht wechseln.
Wofür werden diese beschissenen Scheine eigentlich gedruckt, wenn man damit nirgends bezahlen kann?
Aber ich habe wenigsten meine Krankenversicherungschipkarte dabei.
Da jedoch das Lesegerät streikt, wird ein Techniker gerufen und wir warten.
Der repariert das Ding dann auch innerhalb von zwei Litern Blutverlustes meinerseits, weshalb man sich dann doch entschließt, mich auf eine der Liegen der zehn leeren Behandlungskabinen zu positionieren, da sich eine leichte Ohnmacht ankündigt.
Dort warte ich dann.
Bis einer der sage und schreibe zwei stressbedingt völlig „beschleunigten“ Bereitschaftsärzte bereit ist mir ein Ohr zu leihen und ein Auge auf mich zu werfen.
Das andere Auge hat er ganz offensichtlich schon auf die Nachtschwester geworfen.
Ich komme mir vor wie beim Personal einer Fluggesellschaft, denn auch da schwört man ja bekannterweise auf Sex und Hallo wach zur Bekämpfung von eventuell aufkommender Langeweile.
In der Zwischenzeit bin ich jedoch leider komplett ohnmächtig geworden, aber warten kann ich ja auch bewusstlos ganz gut.
Da der „Beschleuniger“ alle zu sein scheint, nutzen Arzt und Schwester diese günstige Gelegenheit dann erst einmal für eine kleine Lachgasprobe.
(An dieser Stelle hat meine Mutter mich gebeten, darauf hinzuweisen, das nicht alle Ärzte, Schwestern, Stewardessen und Piloten und wer weis ich noch, solchen Hobbys frönen, aber es ist leider auch keine nicht zu erwähnende Minderheit.)
Wie dem auch sei.
Mich haben die beiden derweil völlig vergessen.
Die Putzfrau hat mich dann am nächsten Morgen gefunden. Leider tot.
So begab es sich, das ich bei Petrus an der güldenen Himmelspforte vorsprach und darum bat, das man mir doch bitte Einlass gewähren möge.
Halleluja.
Doch der sagte nur: Ziehen sie erst mal eine Nummer und; Warten Sie bitte, warten Sie bitte.
Und verschwand. Warten sie bitte.
Und ich tat wie mir befohlen und womit ich eh schon gefühlte 50% meines Lebens vertrödelt hatte.
Ich wartete.
Bis Petrus zurückkehrte und mich aufforderte:
Bitte kommen Sie morgen wieder.
Der liebe Gott hat heute leider keine Zeit mehr.
Er ist gerade damit beschäftigt die tägliche Ration 10138 Kindern verhungern und verdursten zu lassen.